Facebook-Film: „Mein Leben ist nicht so dramatisch“

Facebookfilm_Credit: Sony Pictures

„Mein Leben ist nicht so dramatisch“, sagte Mark Zuckerberg, gefragt, was er von dem Film, der die Gründerzeit von Facebook erzählt, halte. „The Social Network“ (ab 8. Oktober im Kino) basiert auf dem Buch „Milliardär durch Zufall“ von US-Author Ben Mezrich. Dieser hatte vor allem mit den Kontrahenten von Zuckerberg an der Universität Harvard, wo er „The Facebook“ startete, gesprochen und basierend auf deren Erzählungen seine Story zusammen gebastelt.Vor allem Eduardo Saverin, ehemaliger Freund von Zuckerberg und der erste Geldgeber von Facebook, hat Mezrich die Fakten geliefert. Selbiger Saverin, so weiß es die Geschichte, wurde mit windigen Verträgen aus dem Unternehmen gedrängt, sein Anteil ist von 30 auf nur mehr rund fünf Prozent geschrumpft.

„The Social Network“ ist dadurch stark geprägt: Über lange Strecken zeigt der Film die Streitereien rund um die Firma. Junge Männer schnauzen sich über den Verhandlungstisch hinweg an und werfen sich gegenseitig Betrug und Lüge vor  – „Wall Street“ lässt grüßen. Neben Saverin kommen vor allem die Winklevoss-Brüder zum Zug, für die Zuckerberg eigentlich die Webseite „Harvard Connection“ basteln wollte, dann aber doch lieber „The Facebook“ online stellte und die zwei Sportruderer links liegen ließ. Das und seine Entfremdung von Freund Saverin füllt weite Strecken des Films. Zuckerberg wird darin als sozial unfähiger Feigling dargestellt, dem sein „Baby“ wichtiger ist als Freundschaft und Ehrlichkeit.

Ausgeklammert

Die Gründung von Facebook und der damit einhergehende unglaubliche Reichtum, zu dem es Zuckerberg es gebracht hat (5,3 Milliarden Euro), ist für viele faszinierend, erzählt sie doch die klassische „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Story, die Amerika so liebt. Ob die rechtlichen Streitereien aber für den Durchschnittsseher sehr interessant sind, glaube ich nicht. Eher wird man sich verleiten lassen, die sehr authentischen Bilder – Hauptdarsteller Jesse Eisenberg sieht Zuckerberg unglaublich ähnlich – mit einer Biografie zu verwechseln.

Ich habe einige Probleme mit dem Film:

  • Mark Zuckerbergs Freundin Priscilla Chan, die er in Harvard kennen lernte und mit der er heute in Palo Alto zusammen lebt, kommt in dem Film überhaupt nicht vor. Sie sind schon seit vielen Jahren ein Paar, was das Bild, dass Zuckerberg ein unsympathischer Einzelgänger ist, relativiert.
  • Sean Parker, der Napster-Mitbegründer, traf sicher nicht zufällig in Palo Alto auf Zuckerberg, nachdem er ins Silicon Valley gegangen war.
  • Dass Sean Parker Zuckerberg vorschlägt, das „The“ aus dem ursprünglichen Namen zu nehmen, stimmt ebenfalls nicht. Die Idee dazu hatte Peter Thiel, der erste Geldgeber. Die Verwechslung geht insofern in Ordnung, weil Peter Thiel und Sean Parker heute in der Investmentfirma „The Founders Fund“ zusammen arbeiten.
  • Die vielen anderen Geldgeber – vom Hongkonger Multimilliardär Li Ka-shing über Microsoft bis Bono Vox` Elevation Partners – finden keine Erwähnung. Tatsächlich haben sie maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung von Facebook, vor allem in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht.
  • Aaron Greenspan, der mit Zuckerberg in Harvard studierte, findet überhaupt keine Erwähnung. Tatsächlich hatte er mit HouseSYSTEM ein Online-Netzwerk für Studenten einige Monate vor Facebook gestartet, das Zuckerberg intensiv genutzt haben soll.
  • Die Auswirkungen von Facebook auf die Nutzer – also die, die von der Webseite am meisten betroffen sind – werden überhaupt nicht dargestellt.
  • Auch wenn der Film Zuckerberg in ein negatives Licht rückt: Er macht aus dem Facebook-Gründer unfreiwillig einen noch größeren Star. Denn in einigen Monaten werden wir vergessen haben, wie er darin dargestellt wurde – die Tatsache, dass über Zuckerberg sogar ein Hollywood-Film gedreht wurde, wird aber in Erinnerung bleiben.
  • Die vielen Partys, Mädchen und Drogen, die der Film verspricht (und nicht eingehalten werden), dürften wohl ebenfalls überzogen sein. So meinte Facebook-Mitbegründer Dustin Moskovitz: „Die Version, die der Trailer zeigt, sieht viel aufregender aus als es tatsächlich war, also werde ich ab jetzt lieber daran erinnern, dass wir uns blöd gesoffen und viel Sex mit Studentinnen gehabt haben.“

Anmerkungen

Ich habe auch David Kirkpatrick, den Autor von „The Facebook Effect“ (einem Zuckerberg sehr wohlgesonnenen Werk) zu seiner Meinung nach dem Film gefragt.Er ist mit Sicherheit ein großer Facebook-Fan, aber seine Kenntnisse um die Geschichte von Facebook sind dennoch tiefreichend – immerhin hat er Zuckerberg und seine Mitstreiter interviewt. Überraschenderweise hat er ihn noch nicht gesehen. „Die Produzenten haben mich aktiv ausgesperrt“, schrieb er mir vor wenigen Tagen.

Übrigens hätte ich kurzfristig am Sonntag, dem 3. Oktober, die Möglichkeit gehabt, Regisseur David Fincher und Hauptdarsteller Jesse Eisenberg zu interviewen – leider musste ich absagen.


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