Google ist natürlich nach wie vor eine Macht im Netz. Ein Marktwert von derzeit fast 370 Milliarden US-Dollar, ein Gesamtumsatz von mehr als 66 Milliarden US-Dollar sowie ein Gewinn von knapp 16,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 sind beachtliche Zahlen. Dazu kommen ein Anteil von mehr als 80 Prozent bei Suchmaschinen, mit Android ein Marktanteil von mehr als 80 Prozent bei Smartphone-Betriebssystemen, und mit Chrome ein Marktanteil von etwa 40 Prozent Marktanteil bei Browsern.
Trotzdem lesen sich die Schlagzeilen, die rund um den nach wie vor führenden Internetkonzern stattfinden, in den letzten Monaten nur selten positiv. Das Schwergewicht aus dem Silicon Valley, so scheint es, hat durchaus mit einigen Problemen zu kämpfen, die sowohl sein Kerngeschäft der Online-Werbung als auch neue Geschäftsfelder betrifft. Das erinnert an die Geschichte von Microsoft, das bis in die frühen 2000er als unbesiegbarer IT-Gigant galt, heute aber nur mehr eine von vielen Firmen ist und in Segmenten wie Suchmaschinen, Smartphones, mobilen Betriebssystemen oder Social Media nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Online-Werbung
Das Geschäft mit Suchmaschinen-Werbung und Ads, die auf Partnerseiten angezeigt werden, ist immer noch der große Umsatzbringer von Google. Doch seit dem Ende von 2011 ist der so genannte “Cost per Click”, also der durchschnittliche Preis, den Google macht, wenn Internetnutzer auf seine Werbung klicken, stetig am sinken. Google kann das zwar kompensieren, indem es von Quartal zu Quartal mehr User zum Klicken bringt, doch irgendwann werden die sinkenden Werbepreise zu einem großen Problem werden. Nach wie vor weist der Internetkonzern nicht aus, wie viel Umsatz man mit mobilen Anzeigen macht, während Facebook etwa zwei Drittel und Twitter gar mehr als 80 Prozent des Werbeumsatzes mobil machen. Die beiden Social-Media-Plattformen profitieren dabei enorm von der starken App-Nutzung, die auf Smartphones dem Browsen im Google-dominierten Web teilweise ersetzt. Immerhin mit YouTube hat Google eine potente App, mit der man derzeit das Geschäft Videowerbung im mobilen Bereich dominiert – doch sowohl Facebook als auch Twitter drängen ebenfalls in dieses Business.
Daten-Brillen
Durch viel mediale Häme begleitet wurde Mitte Januar das vorläufige Aus der Konsumenten-Version der Datenbrille Google Glass. Bis auf weiteres will sich Google darauf konzentrieren, die Internet-Brille im Unternehmenskontext zu positionieren, und hat das Glass-Projekt zu einer Unterabteilung der Smart-Home-Tochter Nest gemacht, die der ehemalige Apple-Manager Tony Fadell leitet. Parallel dazu treiben Facebook und dessen Tochterfirma Oculus Rift sowie Microsoft mit seiner HoloLens das Thema Hightech-Brille stark voran und machen Google Konkurrenz. Als Ass im Ärmel könnte sich immerhin das von Google aufgekaufte Startup Magic Leap entpuppen, das eine spektakuläre Augmented-Reality-Technologie in petto haben soll und das Thema Daten-Brille auf eine neue Ebene heben könnte.
Social Media
Nie richtig ins Spiel gefunden hat Google beim Thema Social Media. Das gegen Facebook positionierte Google+ hätte eigentlich zum “soziales Rückgrat” aller anderen Google-Dienste werden sollen, doch intensiv genutzt wird es von der breiten Masse nicht. Schätzungen des US-amerikanischen Tech-Analysten Edward Morbius zufolge soll es bei 2,2 Milliarden Google+-Profilen nur etwa 4 bis 6 Millionen aktive Nutzer geben, die öffentlich zugängliche Beiträge veröffentlichen. Dass Google immer wieder versuchte, Google+ in seine anderen Dienste wie YouTube oder Maps hineinzuzwingen, dürfte der Nutzerschaft nicht zugesagt haben.
Wie schlecht es um Google+ steht, zeigen neueste Entwicklungen: Der bisherige Google+-Chef David Besbris ist gegangen, der neue Verantwortliche Bradley Horowitz will den Social-Dienst in drei Dienste – Fotos, Kommunikation und News-Stream – aufsplitten.
Messaging
2014 kann getrost als das Jahr der Messaging-Dienste bezichnet werden. Facebook kaufte WhatsApp für letztendlich 22 Milliarden US-Dollar, Snapchat schwang sich zum Teenie-Hit auf, in Asien boomten Services wie WeChat oder Line. Und Google? Der Internetkonzern hat im Messaging-Geschäft keinen nennenswerten Dienst im Rennen. Zwar versuchte man, Hangouts in das Betriebssystem Android zu integrieren und als SMS-Ersatz zu positionieren, doch wirklich durchgesetzt hat sich das bei den Nutzern nicht.
Smartwatches
Ebenfalls weh tun dürften Google die mauen Verkaufszahlen von Smartwatches mit dem hauseigenen Betriebssystem Android Wear. Laut Maktforscher Canalys wurden 2014 lediglich 720.000 Android-Wear-Geräte ausgeliefert, insgesamt wurden 4,6 Millionen Wearables (smarte Uhren, Fitnessbänder, etc.) verkauft. Damit ist der Marktanteil von Google in dem Segment eher bescheiden. Zusätzlich ist zu befürchten, dass der Marktstart der Apple Watch im April Google weitere Marktanteile wegnehmen wird. 20 Millionen Smartwatches könnte Apple Analysten zufolge im ersten Jahr absetzen.
Mobile Bezahlung
Zwar hat Google mit Google Wallet bereits 2011 ein Bezahl-System vorgestellt, mit dem man kontaktlos per Smartphone zahlen kann, doch durchgesetzt hat es sich bis dato nicht. Das hat wohl auch damit zu tun, dass Smartphone-Hersteller wie Samsung, die stark auf Googles Android setzen, ihre eigenen Bezahlsysteme etablieren wollen – Samsung hat etwa „Samsung Pay“ vorgestellt. Nun hat Apple zudem mit Apple Pay, vorerst in den USA, eine breite Allianz an Banken und Shops an den Start gebracht, die das mobile Bezahlen per iPhone ermöglichen wollen. Welches System sich am Ende durchsetzt, ist noch völlig offen – immerhin haben da auch Firmen wie PayPal noch ein Wörtchen mitzureden. Ob Google mit dem kolportierten „Android Pay“ rüssieren kann, bleibt abzuwarten.
Autos
Google ist einer der großen Treiber autonom fahrender Personenkraftwagen, hat bereits ein solches “driverless car” vorgestellt und will es 2020 auf den Markt bringen. Nun ist auch bekannt geworden, dass Apple in irgendeiner Form ein Auto plant. Sollte das wirklich kommen, wird es todsicher ein schickeres Design haben als die glubschäugigen Golfwagern von Google. Dazu kommt, dass auch viele andere Autohersteller wie Audi, Tesla oder Mercedes an selbstfahrenden Autos arbeiten – das wird kein Heimspiel für Google.
Android
Googles mobiles Betriebssystem dominiert derzeit den Smartphone-Markt, aber wirkliche Kontrolle hat Google nicht darüber. Durch die Offenheit des Systems ist es anderen Firmen möglich, ihre eigenen Versionen von Android zu bauen und Google so aus dem Spiel zu kicken. Großes vor hat etwa CyanogenMod, die bereits großmundig behaupteten, Android aus dem Griff von Google entreißen zu wollen. Auch in China, dem künftig wichtigsten Smartphone-Markt des Planeten, gibt es Bestrebungen einiger Firmen, ihre eigenen Betriebssysteme zu entwickeln. OnePlus will sein OxygenOS etablieren, Xiaomi (der mittlerweile drittgrößte Smartphone-Hersteller der Welt) hat sein MIUI auf Geräten installiert, zudem will der südkoreanische Smartphone-Gigant Samsung sein eigenes Tizen weiter in den Vordergrund rücken. Android kann, muss aber nicht das dominante mobile OS der Welt bleiben.