Auch wenn du Facebook den Rücken kehrst, die „soziale“ Werbung wird dich trotzdem tracken

Die liebe App-Familie von Mark Zuckerberg. © Facebook

Die liebe App-Familie von Mark Zuckerberg. © Facebook

Mark Zuckerberg hat eine große Angst: Er will nicht wie MySpace Tom enden (auch wenn der schöne Instagram-Fotos macht). Der Untergang des einstigen Social-Network-Riesen, der jetzt u.a. Justin Timberlake (true story) gehört, ist dem Facebook-Gründer stets ein Warnzeichen. Nun wächst “Big Blue” zwar immer noch anständig weiter, was monatlich aktive Nutzer angeht (derzeit ca. 1,4 Mrd. MAU), doch von unten drängen neue Kommunikations-Plattformen nach, die stark im mobilen Bereich verankert sind. WhatsApp und Instagram hat sich Zuckerberg einverleibt, Snapchat und Twitter hat er versucht zu kaufen. Sorgen dürften ihm vor allem die asiatischen Aufsteiger WeChat (gehört dem chinesischen Internet-Riesen Tencent) und Line (gehört der koreanischen Naver) bereiten, weil ihm diese bei der internationalen Expansion im Weg stehen werden. Folgende Grafik zeigt, wie junge, mobile Kommunikations-Dienste wachsen:

Es ist ja so: Je mehr Zeit User weltweit mit Messaging-Apps verbringen, desto weniger Zeit haben sie, regelmäßig bei Facebook hineinzuschauen (der Tag hat weiterhin nur 24 Stunden). Da das führende Social Network aber den Gros seines Umsatzes (genauer gesagt 94 Prozent) mit Werbung verdient, die im oder rund um den News Feed angezeigt wird, ist ein Szenario, in dem Internet-User lieber in Apps chatten, eine Bedrohung für das Geschäftsmodell von Facebook. Nun verfolgt Zuckerberg und seine Mannschaft folgende zwei Strategien, um diesem Trend gegenzusteuern.

1. Die Messenger-App soll zur Plattform werden:

Die Messenger-App ist nach WhatsApp der weltweit zweitstärkste Messaging-Dienst – auch deswegen, weil Facebook seine Nutzer zum Umstieg gezwungen hat. Nun ist die Idee, den Messenger zur Plattform auszubauen. Mit derzeit etwa 40 Apps kann man seine Kommunikation mit animierten GIFs, Stickern, Videos etc. pimpen, was offenbar jüngere Zielgruppen ansprechen soll. Zuckerberg hat sicher recht, wenn er sagt, dass digitale Kommunikation immer visueller wird und Text in den Hintergrund rückt. Allerdings ist die User Experience der Messenger Platform noch ein wenig holprig: Die Apps finden sich irgendwo versteckt im Messenger, müssen dann bei Apple bzw. Google geladen und immer extra geöffnet werden, um ihren Dienst zu verrichten – “seamless” ist anders.

Während die bunten Messenger-Apps ein Appetizer für die User ist, ist Messenger Business der Versuch, Unternehmen mit Konsumenten chatten zu lassen. Kunden sollen in den Chats mit Bestellbestätigungen von Online-Shops, Infos zum Lieferstatus oder über neue Produkte informiert werden können. Ob sich das durchsetzt, muss man abwarten, klingt aber irgendwie praktischer als E-Mail-Benachrichtigungen.

2. Ein Werbenetzwerk, das das Web durchzieht

Etwas weniger von der Öffentlichkeit beachtet, baut Facebook im Hintergrund ein immer engmaschigeres Netz aus Werbetechnologien, die Facebook-Werbung überall dort hinbringen soll, wo nicht Facebook draufsteht. Es soll dafür sorgen, dass Internet- und Smartphone-Nutzer, auch wenn sie gerade gar nicht die Facebook-Apps (inkl. WhatsApp und Instagram) benutzen oder gar keinen Account haben, trotzdem personalisierte Anzeigen sehen. Facebook nennt das „People-based Advertising“: Der Nutzer wird nicht mehr nur anhand eines Cookies identizifiert, sonderen anhand seines Facebook-Accounts. Per Cookie weiß ein Werber im Prinzip nur, welches Gerät, welchen Browser und welches Betriebbsystem der User verwendet und welche Webseiten er in der Vergangenheit besucht hat. Die Facebook-Daten liefern im aber zusätzliche Informationen wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Freunde oder Interessen (Likes).

Dieses Netz, das Facebook in Stellung bringt, um überall online mit seiner Werbung auf die User zu warten, setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

  • LiveRail: Die etwa 500 Mio. US-Dollar schwere Übernahme von LiveRail nutzt Facebook künftig dazu, um Nutzer von Apps (z.B. dailymotion) zu identifizieren und ihnen personalisierte Werbung zu zeigen. Das können Videos, Interstitials (Unterbrecherwrbung in Form von Pop-ups) oder Banner sein.

  • Audience Network: Hierbei handelt es sich um eine Facebook-Technologie, die es erlaubt, Werbekampagnen von Facebook in die Außenwelt (z.B. den Apps von Deezer, Le Monde, Wooga, Zynga oder Shazam) zu verlängern. Auch hier geht es wieder darum, Facebook-Nutzer, die gerade gar nicht bei Facebook sind, personalisierte Anzeigen unterzujubeln.

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  • Atlas: Auch bei der Facebook-Tochter Atlas (zugekauft um etwa 50 Mio. Us-Dollar) geht es um nichts anderes, als Facebook-User außerhalb des Online-Netzwerks zu identifizieren und ihnen auf Desktop oder am Smartphone Werbung zu zeigen, die auf ihre Facebook-Daten (Alter, Geschlecht, Wohnort, etc.) abgestimmt wird. Das funktioniert laut Facebook so: „Kommt ein Mensch mit einer Atlas-Werbeanzeige in Kontakt, wird ein Cookie platziert. Loggt sich diese Person später bei Facebook ein, wird das Atlas-Cookie erkannt und eine gehashte – verschlüsselte und anonymisierte – User ID sowie Alter, Geschlecht und Wohnort an Atlas übermittelt.“ Also ja: Auch wenn man nicht eingeloggt ist, wird man von Facebook auf seinem Weg durchs Netz oder durch andere Apps getrackt. Auch spannend: Auch Instagram ist ein Atlas-Partner.

Auch Nichtnutzer im Visier

Wie weit dieses Tracking bereits führt, hat die belgische Datenschutzbehörde kürzlich aufgezeigt. In einem Bericht hat sie aufgezeigt, dass auch Nichtnutzer von Facebook erfasst werden. Besucht er etwa eine Facebook-Fanseite oder eine Eventseite, wird ein Cookie gesetzt. Surft der User dann weiter auf Webseiten, die ein Social Plugin wie den Like-Button eingebaut haben (davon gibt es dutzende Millionen), wird er wiedererkannt. Laut Facebook handle es sich dabei aber nicht um Absicht, sondern um einen „Bug“, der bald ausgebessert werden soll – warten wir es ab.

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