Der 30. Juni ist für Musik-Streaming-Aficionados ein wichtiger Tag, denn da wird auch in Deutschland und Österreich Apple Music starten, ein laut Apple „revolutionärer“ Streaming-Dienst, der vorerst für iOS-, Mac- und Windows-Geräte, im Herbst auch für Android zu haben sein wird. Doch so „revolutionär“ ist Apple Music bei genauerer Betrachtung gar nicht.
Apple weiß natürlich, dass es dem Platzhirsch Spotify, der mittlerweile bei 75 Millionen Nutzern (20 Millionen davon zahlende Abonnenten), die Stirn bieten muss, weswegen es zum Start eine drei Monate lange, kostenlose Testphase gibt (Spotify bietet bis 5. Juli 60 Tage Gratis-Testphase an). Hier die beiden Dienste im direkten Vergleich:
Die Chancen stehen gut, dass Apple viele Konsumenten auf seine Seite holen kann, denn immerhin hat man mehr als eine Milliarde iOS-Geräte verkauft und etwa 800 Millionen Kunden, die bereits einen iTunes-Account haben. Zudem muss Apple zu Beginn nicht zwingend Geld mit Musik-Streaming verdienen, weil der Dienst wie viele andere (z.B. Apple Pay) als Stütze seines Geschäftsmodells gedacht ist – nämlich Kunden an sein Ökosystem zu binden und diese regelmäßig neue Smartphones, Tablets und Macs kaufen zu lassen.
Schweden gegen Silicon Valley
Spotify hingegen ist noch immer nicht in den schwarzen Zahlen und hat erst kürzlich wieder Anteile in einer Investmentrunde (u.a. an Telia Sonera aus Schweden) verkauft, um sich frisches Kapital für die Expansion ins Haus zu holen. Zudem nutzen laut Techcrunch 50 Prozent der Spotify-Nutzer auch regelmäßig iTunes, was diese schnell auf die Idee bringen könnte, zu Apple Music zu wechseln. Ein Hürde für langjährige Spotify-Nutzer ist aber sicher, die oft in mühsamer Kleinarbeit erstellten Playlists von A nach B zu migrieren – wie man das schafft, bleibt noch abzuwarten. Kündigen lässt sich Spotify jedenfalls monatlich ohne großen Aufwand.
Wer erwartet, bei Apple einen umfangreicheren Musikkatalog zu bekommen, könnte enttäuscht werden. Den Vertrag mit den Indie-Labels hat der iPhone-Konzern noch nicht im Sack (ca. 13 Millionen Songs fehlen noch), und auch die Beatles wird Apple nicht zum Streamen anbieten, sehr wohl aber weiterhin zum iTunes-Download.
Und was bleibt den Künstlern übrig?
Spannend wird sein, ob Apple den Künstlern selbst endlich mehr Einnahmen via Streaming verschaffen kann. Immer wieder beklagen Musiker, dass sie selbst bei Millionen Streams nur sehr wenig Geld ausgezahlt bekommen (pro Stream sind es maximal 0,0084 Euro). Der „Federation of the Phonographic Industry“ (IFPI) zufolge bringt ein zahlender Streaming-Kunde 26-mal mehr Umsatz als ein Gratisnutzer (diese bringen Werbeeinnahmen). Wenn Apple es schafft, die vielen Gratisnutzer, die sich etwa bei Spotify tummeln, zu zahlenden Kunden zu machen, dann könnten den Musikern am Ende mehr Einnahmen winken. Indie-Labels bekommen von Apple 58 Prozent der Umsätze, für die drei Majors (Universal, Sony, Warner) dürfte etwas mehr vom Apple-Music-Kuchen übrig bleiben – wie viel dann an die Künstler selbst geht, ist wiederum Vertragssache zwischen ihnen und den Plattenfirmen.