Auf einigen österreichischen und deutschen Webseiten und Blogs, die sich unter anderem mit Online-Marketing auseinandersetzen (Andersdenken.at, Tourismusdesign.com, Socialnetworkstrategien.de), wird derzeit fragwürdiges Vorgehen von Facebook bezüglich Fan-Seiten diskutiert. Dabei geht es um Folgendes: Für die Tourismusregionen „Wien“ und „Innsbruck“ haben private Betreiber so genannte Facebook Pages (sie unterscheiden sich von herkömmlichen Nutzer-Profilen) gegründet und offensichtlich viel Zeit investiert, um beträchtliche Fangruppen (145.000 bzw. 17.000) aufzubauen. Jetzt ist Facebook aber scheinbar dazu übergegangen, die Administrationsrechte für diese beiden Facebook-Seiten an die offiziellen Tourismusverbände der beiden Städte zu übertragen. Hannes Treichl, der drei Jahre lang quasi ehrenamtlich die Innsbruck-Seite bei Facebook führte, bekam lediglich folgende Meldung:
„Deine Seite „Innsbruck (Tirol, Austria)“ wurde entfernt, weil sie gegen unsere Nutzungsbedingungen verstoßen hat. Eine Facebook-Seite ist ausschließlich für Unternehmens- und Werbezwecke bestimmt.“
Treichl (er führt den Blog Andersdenken.at) bemerkte in den folgenden Tagen, dass „seine“ Nutzer auf die Facebook-Seite von Tourismus Innsbruck übertragen wurden, ohne das diese dafür einen Euro Budget in die Hand genommen hätten. Treichl bezeichnet den Vorfall als „Hijacking einer Facebook-Seite“, Kommentatoren von Tourismusdesign.com schreiben, dass Facebook touristische Fanpages „willkürlich verschenken“ würde. Matias Roskos von Socialnetworkstrategien.de fragt sich, ob Facebook jetzt „komplett spinnen“ würde und beanstandet vor allem, dass die Nutzer ungefragt auf die neuen Seiten übertragen wurden. Facebooks Verhalten würde „zu Lasten von normalen, engagierten Fans, zugunsten von starken Marken“ gehen.
Firmen vor User
Dieser Fall bestätigt das Bild, dass ich mir im Laufe meiner Recherche von Facebook gemacht habe: Die Webseite ist nichts anderes als eine Marketing-Maschine, die für Werber ein möglichst angenehmes Umfeld schaffen will. Die Nutzer werden nach allen Regeln der Kunst nach ihren intimen Vorlieben und Interessen ausgehorcht, damit die Werbung maßgeschneiderte Anzeigen und Kampagnen schalten kann. Von einer „besseren, weil vernetzten Welt“, wie Mark Zuckerberg immer beteuert, ist man bei Facebook weit entfernt. Wirtschaftliche Interessen haben in der Firma längst das Ruder übernommen, wenn neue Funktionen eingeführt werden, dienen diese immer der noch effizienteren Datenerhebung. Jüngstes Beispiel: Werbetreibende auf Facebook haben ab sofort die Möglichkeit, passend zum Aufenthaltsort von Nutzern entsprechende Gutscheine und Vergünstigungen am Handy-Display einzublenden.
Firmen sind bei Facebook schon seit langem im Vorteil: Ihnen sind die Facebook-Seiten vorbehalten, die weit mehr Funktionen bieten als die normalen Nutzerprofile. Sie können mehr als 5000 Freunde (Fans, Likes) haben, ihre Betreiber bekommen außerdem Statistiken über die Nutzung ihrer Facebook-Seite.
UPDATE: Für Normalnutzer, die für ein bestimmtes Themengebiet mehr als 5000 Kontakte haben wollen, gibt es die Facebook Gruppen. Diese lassen sich auch in Verbindung mit den Social Plugins nutzen.