Es juckt ihn wieder: Der Salzburger Philipp Breuss-Schneeweis, der mit Wikitude 2008 eines der erfolgreichsten Start-ups Österreichs gegründet hat, will mit einem neuen Seitenprojekt durchstarten. “Channel 16” (gratis für Android, iPhone-Version in Arbeit) ist eine App, die als „Walkie Talkie der Smartphone-Ära“ fungieren soll. Mit der Software kann man im Prinzip öffentliche Statusmeldungen absetzen, die andere Channel-16-Nutzer erhalten, die sich in einem definierten Umkreis (z.B. 1000 Meter) aufhalten. Da Breuss-Schneeweis aus seinem ersten Start-up, das sich auf Augmented Reality spezialisiert hat, viel Erfahrung mit Wearables mitbringt, ist Channel 16 vom Start weg auf das Zusammenspiel mit Wearables wie die Smartwatch Pebble oder die Datenbrille Google Glass ausgelegt.
Notrufe an Menschen in der Nähe
„Das Prinzip ist folgendes: Ich schalte bei meinem Segeltörn oder meiner Schitour Channel16 ein, um im Notfall erreichbar zu sein“, sagt Breuss-Schneeweis im Interview. „Wenn ich einen Notfall habe, kann ich andere erreichen. Natürlich wird das dauern, bis sich so ein Prinzip durchgesetzt hat, aber Unglücksfälle, wo Channel16 helfen könnte, gibt es leider genug.“ Das Fährunglück in Südkorea vergangene Woche sei so ein Beispiel.
“Die Motivation, dieses Projekt umzusetzen, hatten wir nach der Erkenntnis, dass es mit der vorhandenen Technologie möglich ist, jederzeit Bekannte auf der anderen Seite der Erde zu kontaktieren, jedoch nicht, eine nicht bekannte Person direkt auf der Straße vor unserem Büro zu erreichen”, sagt Breuss-Schneeweis mit Verweis auf WhatsApp, wo es stark um Kommunikation mit Bekannten gehe und Location eine untergeordnete Rolle spiele.
“Standort-bezogenes Messaging ist aktuell eine Vision, die bestenfalls im Bereich Dating umgesetzt wurde.” Channel 16 soll sich deswegen zu Anfang auf lokale Notfall-Kommunikation spezialisieren – deswegen auch der Name. “Channel16 VHF (“Very High Frequency”, Anm.) ist im Funkbetrieb, insbesondere im maritimen Bereich, der Sichtfunk und Notrufkanal”, so der Wikitude-Gründer. “Das Projekt Channel16.me untersucht die Einsatzmöglichkeit von Smartphones und Wearable Devices für einen Funkgerät-ähnlichen Betrieb.”
Erste Zielgruppe: Freizeitsportler
Zielgruppe seien etwa Skitourengeher, Wanderer, Mountainbiker oder Segler auf Binnengewässern, außerdem sind Kooperationen mit Vereinen wie Segelclubs oder der Bergrettung angedacht. Das große Ziel: Eine Infrastruktur zur Notfallkommunikation in kommerziellen Mobilfunknetzen. “Heutzutage wird Funktechnologie von Amateurfunkern, im Flugverkehr, in der kommerziellen Schifffahrt und bei Rettungsdiensten eingesetzt”, so Breuss-Schneeweis.
“Durch die Entwicklung der Smartphones und Wearable Devices entstanden Möglichkeiten, die drahtlose Kommunikation um ein Vielfaches zu verbessern: zusätzlich zur Voice-Übertragung können unterschiedlichste Dateitypen (z.B. Fotos, Videos) bandbreitenintensiv übertragen werden, der Standort kann auf einer Karte angezeigt werden, Nachrichten können verschlüsselt werden, Informationen können mittels Augmented Reality dargestellt werden.”
Die Herausforderung an das Channel-16-Team, das neben Breuss-Schneeweis noch aus einem österreichischen UI-Designer und einem japanischen iOS-Entwickler besteht: Sie müssen die Idee des “Funkgeräts 2.0” nun an möglichst viele Menschen tragen. “Der Bereich des standortbezogenen Notfall-Messaging für Enduser ist derzeit noch nicht besetzt”, sagt Breuss-Schneeweis. “Es gibt einige Apps, die sich „Walkie-Talkie für Smartphones” nennen, sind jedoch nichts anderes als Chatrooms.” Eine weitere Hürde: Channel 16 vom Ausbau der Mobilfunknetze abhängig, da sie auch in entlegenen Gegenden zum Einsatz kommen soll, die noch nicht mit Handy-Empfang versorgt sind.
Breuss-Schneeweis bleibt bei Wikitude
Seine Haupttätigkeit als Gründer von Wikitude wird Breuss-Schneeweis nicht aufgeben. Von seinem dortigen CEO Martin Herdina hat er sich das Einverständnis geholt, Channel 16 in seiner Freizeit umzusetzen. Immerhin hatte er die Idee zum lokalen Messaging bereits in den Anfangstagen seiner Augmented-Reality-Software, die sich dann aber in eine andere Richtung – nämlich jener einer Plattform – entwickelte.