Warum Facebook 1 Mrd. Dollar für Instagram zahlt

Unverhofft kommt oft: Wie aus dem Nichts hat gestern Abend Facebook-Chef Mark Zuckerberg bekannt gegeben, die Foto-App Instagram für eine Milliarde US-Dollar (teils in Cash, teils mit Firmenanteilen) gekauft zu haben. Für viele ist das natürlich ein Wahnsinn: 1000 Millionen Dollar für eine Software, das gerade einmal 12,6 Megabyte groß ist, nur auf iPhone und Android läuft und noch dazu für jeden gratis ist?

Aus der Sicht von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg macht die Übernahme schon mehr Sinn – denn wer, wenn nicht er, weiß um die Macht von Fotos im Internet Bescheid. Sein eigenes Online-Netzwerk hat mit „Facemash“ begonnen – einer Webseite, auf der man Fotos von Studentinnen nach deren Sex-Appeal bewerten konnte. Am Campus in Harvard war das ein durchschlagender Erfolg.

Heute ist Facebook die größte Fotosammlung der Welt und verschifft täglich 250 Millionen Stück davon durchs Internet (übrigens auf durchaus interessante Art und Weise, wie ich für die futurezone recherchiert habe – wusstest Du, dass deine Facebook-Fotos in Österreich gespeichert werden?). Doch Facebook hat eine Achillesferse, die Instagram-Gründer Kevin Systrom (heute übrigens um 400 Mio. Dollar reicher) getroffen hat: die mobile Welt.

Die Achillesferse
„Nur“ etwa die Hälfte der mehr als 800 Millionen Facebook Nutzer (425 Mio.) nutzen das Online-Netzwerk auf mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets. Facebook entstammt der Desktop-Welt, und das schadet seinen mobilen Apps. Diese sind mit Funktionen überfrachtet und schwerfällig, während auf genau ein Anwendungsszenario fokussierte Apps wie Instagram (Schnappschüsse teilen) flott vorankommen.

Gelauncht im September 2010, hat es Instagram in etwa eineinhalb Jahren auf rund 50 Millionen Nutzer geschafft. Zuckerberg erreichte erst nach drei Jahren die 50-Millionen-Marke, und hatte nach eineinhalb Jahren maximal 10 Millionen Mitglieder bei Facebook versammelt. In einer Welt, in der laut Studien ab 2013 mehr Menschen via Handy online gehen werden als via Desktop, ist das außerordentliche Wachstum von Instagram natürlich eine Bedrohung für Facebook.

Ausbaumöglichkeiten
Was Zuckerberg wohl weiter zu Denken aufgab: „Ich sehe Instagram mehr als ein Social Network denn als Photo-Sharing-App“, sagte Kevin Systrom im Rahmen der Konferenz SXSW in Austin im März. Zuckerberg gesteht: „Jetzt können wir mit Instagram eng zusammenarbeiten, um ebenfalls die besten Erfahrungen beim Teilen von wunderschönen Handy-Fotos mit Menschen mit den gleichen Interessen anzubieten.“ Instagram soll dabei eigenständig bleiben, weiter ohne Facebook-Zwang nutzbar sein und seine Anbindung an den Facebook-Rivalen Twitter nicht verlieren.

Das Know-how von Systroms kleinen Team wird aber fortan in das Online-Netzwerk fließen. Und dabei sollte man nicht nur an Funktionen denken, die Instagram bereits hat (v.a. die Fotofilter und das Design), sondern an das, was die App noch nicht kann. Wenn man Instagram als mobiles Online-Netzwerk rund um visuelle Aufnahmen sieht, sind die Ausbaumöglichkeiten vielfältig: Die Ortung anderer Nutzer und ihrer Fotos via GPS, das Verteilen von Schnappschüssen mittels NFC-Nahfunk, 360-Grad-Aufnahmen à la „Photosynth„, Videos, Check-ins – einfach alles, womit sich Nutzeraktivität erhöhen lässt.

Signalwirkung
Für junge Start-ups (etwa Pinterest, aber auch in Österreich) ist die Instagram-Story wichtig. Sie zeigt, dass Facebook nicht das Ende des Social Web und seiner Expansionsphase ist, sondern erst der Anfang. Kombiniert mit anderen Plattformen wie iOS, Android oder Twitter lassen sich, schlau eingesetzt, neue Dienste blitzartig aufbauen, die bisher Dagewesenes in den Schatten stellen. Es sind keine hohlen Phrasen, wenn Branchenkenner wie Ex-Google-CEO Eric Schmidt zu „mobile first“ rät.

Offen ist bei all dem noch, wie Dienste wie Instagram, Facebook oder Twitter mobil Umsatz generieren sollen. Handy-Werbung steckt erst in den Kinderschuhen und wird vom Konsumenten höchst skeptisch wahrgenommen – immerhin findet sie auf dem persönlichsten aller Geräte statt. Ob ein Kaufpreis von einer Milliarde Dollar nun gerechtfertigt ist, sei dahingestellt – Mark Zuckerberg glaubt jedenfalls daran. Insofern sollte man den Deal (wie viele andere übrigens) nicht am Status Quo bewerten, sondern als Facebooks Investment in die eigene Zukunft sehen.

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