Der Facebook-Like hat sich zu so etwas wie einer sozialen Währung im Internet entwickelt. In Millionen Webseiten ist das blaue Knöpfchen des Social Network verbaut und dient Facebook-Nutzern als Mittel, um ihr Gefallen an Online-Artikeln, Produkten in Online-Shops oder anderen digitalen Inhalten auszudrücken und die Inhalte gleich auch ihren Facebook-Freunden weiterzuempfehlen. Doch wie wird wirklich gezählt, und was passiert im Hintergrund?
In Deutschland (10000 Flies) und Österreich (Storyclash) gibt es mittlerweile eigene Rankings für Online-Medien, in denen nach Artikel vor allem nach den Facebook-Shares und -Likes bewertet und in Bestenlisten gefasst werden – wer mehr Likes hat, der ist in den Rankings ganz oben zu finden. Viele Facebook-Likes – der am öftesten gelikte Artikel 2014 in Deutschland bekam mehr als 600.000 Interaktionen – sind sicher ein Hinweis darauf, dass ein Inhalt besonders gut beim Publikum ankommt. Doch wenn bei einem Artikel dabei steht “Dir und 600.000 anderen Personen gefällt das”, dann ist diese Angabe eigentlich nicht richtig. Facebook summiert in diesen Wert vielmehr alle Interaktionen, die mit der URL stattgefunden haben, und zwar folgendermaßen:
- Die Zahl der Likes, die auf der Webseite (URL) getätigt wurden
- Die Zahl der Shares dieser URL; das inkludiert auch, wenn jemand nicht auf Like klickt, sondern den Link per Copy/Paste bei Facebook veröffentlicht
- Die Anzahl der Likes und Kommentare, die Postings bekommen, die die URL enthalten
Diese Berechnung kann im Extremfall dazu führen, dass ein Artikel, bei dem 100 Likes dabeistehen, eigentlich 100 negative Kommentare auf Facebook und keinen einzigen echten Like bekommen hat. Auch die Angabe von Facebook, dass es soundso viel “anderen Personen” gefällt, ist falsch. Ein einzelner Facebook-User kann für ein und dieselbe URL mehrere Likes vergeben (einmal auf der Webseite, einmal bei Facebook und weitere Likes, wenn jemand anderer den Link postet). Wer mehrere Facebook-Seiten betreibt, der weiß, wie sich die Like-Zahl eines Artikels schnell erhöhen lässt, indem er mit den Accounts der Seiten die URL mehrfach teilt und liked.
Für den durchschnittlichen Internet-User, der bei einem Artikel die Information “Dir und 100 anderen Personen gefällt das” angezeigt bekommt, ist das alles nicht klar – auf ihn wirkt es, als ob der Content enorm populär ist, welche Interaktionen wirklich dahinterstecken, kann man nur erahnen.
Der Like-Button trackt den User durchs Web
Schon bei seiner Präsentation im Jahr 2010 hat der Like-Button für Webseiten Kritiker auf den Plan gerufen: Denn das so genannte Social Plugin, wie Facebook es auch nennt, dient auch dazu, den Nutzer bei seiner Surf-Reise durchs Web zu tracken. Auch, wenn man den Knopf nicht anklickt, weiß Facebook, dass ein eingeloggter User gerade eine Webseite besucht, in die der Like-Button eingebaut ist. Surft man etwa auf vielen Fußball-Portalen, liefert man Facebook die Information, das man sich für den Sport interessiert, und kann anschließend personalisierte Werbung angezeigt bekommen. Selbst, wenn man ausgeloggt ist oder gar keinen Facebook-Account hat, sammelt das Social Network mit Hilfe des Like-Buttons Informationen über den Internet-Verkehr. Mit seinem Werbe-Netzwerk Atlas will Facebook seine Werbeanzeigen auf Webseiten von Drittanbietern bringen – die über den Like-Button gesammelten Informationen zu Nutzern kann dabei helfen, diese Werbung auf die Interessen dieser anzupassen: Sport-Seiten-Besucher etwa bekommen Fußball-Werbung, Online-Shopper etwa sehen dann Anzeigen zu Produkten, die sie in den Warenkorb gelegt, aber nicht gekauft haben.
Weil der Like-Button aus Datenschutzsicht problematisch ist, sind einige Webseiten dazu übergegangen, eine Art Schutzschicht vor den Knopf zu schalten. Erst, wenn der User zustimmt, wird der Facebook-Knopf aktiviert. Internetnutzer, die keinen Facebook-Account haben, können sich mit dem Browser-Plugin von Disconnect schützen. Disconnect unterbindet den Datenzugriff von Social Plugins, die in Webseiten eingebaut sind.
Liken ist nicht gleich Liken ist nicht gleich Sharen
Weiters muss man zwischen zwei Formen von Likes unterscheiden: Der eben beschriebene Facebook-Button dient zum Liken von einzelnen Inhalten (z.B. News-Artikel), der andere dient zum Abonnieren von Facebook-Seiten. Firmenauftritte wie jene von Red Bull, Nike oder BMW haben Millionen Likes (oft auch als “Fans” bezeichnet), doch wie viele echte Personen dahinter stecken, darüber kann man nur mutmaßen. Facebook hat Seitenbetreiber kürzlich davor gewarnt, dass die Like-Zahl künftig sinken könnte. Der Grund: In die Page Likes werden immer noch Daten von inaktiven oder bereits deaktivierten Accounts bzw. von Accounts Verstorbener eingerechnet. Außerdem sind etwa sieben Prozent aller Facebook-Accounts Fake-, Spam- oder Doppel-Accounts, was ebenfalls problematisch. Ein Experiment mit Facebook-Werbung, das ich im Mai 2014 durchführte, zeigte, dass diese Fake-Accounts durchaus aktiv sind und hunderte, manchmal sogar tausende Pages liken – und so die Zahlen verfälschen.
Eine wichtige Unterscheidung ist auch jene zwischen Like und Share. Während der Like-Button nur einen einzigen Klick vom User verlangt, ist der Share-Button wirklich zum Teilen von Inhalten da. Der User kann zum geteilten Link etwas dazuschreiben, und der Inhalt bekommt im News Feed mehr Präsenz. Sharen bedeutet aber nicht Liken, da User auch Inhalte verbreiten, die ihnen nicht gefallen, vor denen sie aber warnen oder die sie kritisieren wollen. Trotzdem rechnet Facebook diese Shares in die Like-Zahl ein und verwässert damit deren Aussagekraft.
datenschmutz Blog